Etaf Rum: Evil Eye

Deutsche Ausgabe. Foto © Pola (Bastei Lübbe)
Etaf Rum. Foto © Angela Blankenship
Originalausgabe. Foto © Harper Collins Publishers

Buchtitel:
„Evil Eye“ von Etaf Rum.
Übersetzt aus dem Amerikanischen von Heike Reissig.
Erschienen am 25.04.2025 bei Pola (Bastei Lübbe).
Originaltitel: „Evil Eye“, erschienen bei Harper Collins Publishers.

Worum geht’s?
Nach außen hin führt Yara ein perfektes Leben: Sie hat ein abgeschlossenes Studium, einen guten Job, erzieht gleichzeitig ihre beiden Töchter, kümmert sich um den Haushalt und bekocht ihren Mann, wenn er von der Arbeit nach Hause kommt. Doch wieso fühlt es sich nicht richtig an? Woher kommen ihre Unzufriedenheit, ihre Wutausbrüche, ihre zunehmende Verzweiflung? Als Yara nach einem Zwischenfall auf der Arbeit gezwungen wird, eine Auszeit und psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen, kommt ein Stein ins Rollen und sie beginnt, sich ihren Gefühlen zu stellen. Evil Eye erzählt von der Bedeutung eines erfüllten Lebens und wie unsere unbewältigte Vergangenheit unsere Gegenwart beeinflusst.

Stimmen:

“Rum’s sensitive portrayal of Yara’s inner monologue paints a clear picture of the traditional gendered expectations that are placed on many modern Palestinian American women, and the ways an unsettled past can affect the present.” — Washington Post

“The fierce feminist sentiments and nuanced approach to Yara’s fraught marriage and family history make for a winning combination.“ — Publishers Weekly

“Compelling. (…) Rum does not simplify the choices Yara faces as a woman whose ambition conflicts with family responsibility. (…) Rum’s nuanced approach to difficult questions of individual and cultural identity is refreshing.” — Kirkus Reviews

“Rum is a skilled, generous and cadenced writer. While she is not the first to unpack the ways in which first-generation children of immigrants grapple with the weight of newfound freedom and generational fear, she does so with a complexity and nuance that makes every interaction feel fresh and unexpectedly powerful. (…) Perfect for book clubs, EVIL EYE cements Etaf Rum’s position as one of the leading writers of literary fiction that transcends continents and histories.” — Book Reporter

Leseprobe

Yara war gerade dabei, Basmatireis in der Küchenspüle abzugießen, als es an der Tür klingelte. Hastig schüttete sie den Reis in einen Topf und fügte Knoblauch, Piment, Kurkuma und eine Zimtstange hinzu. Dumm nur, dass sie keine rote Chilischote mehr hatte. Stirnrunzelnd warf sie einen Blick auf den Backofen-Timer, griff nach dem Topf und lauschte ihrem Mann, der in den Flur ging, um die Tür zu öffnen.
„Ahlạn wa-sahlạn“, sagte Fadi. „Kommt rein.“
Yara gab warmes Wasser in den Topf, während sie hörte, wie Fadi seine Eltern auf die Wangen küsste und sie sich an der Haustür die Schuhe auszogen. Als Nächstes kamen ihre beiden Töchter polternd die Treppe heruntergerannt. „Sitti! Seedo!“, riefen sie.
An jedem anderen Wochentag hätte Yara den Kopf aus der Küche gesteckt und zugeschaut, wie Mira und Jude die Wendeltreppe hinunter stürmten, um ihren Vater zu begrüßen, wenn er von der Arbeit heimkam. Fadi hatte neuerdings öfter eine Kiste dabei, und ihm blieb kaum genug Zeit, sie im Flur abzustellen und sich die Hände an der Hose abzuwischen, bevor seine Töchter ihm die Arme um die Beine schlangen. Aber sonntags nahm Fadi sich frei, und meistens kamen seine Eltern zum Abendessen vorbei. Yara wuselte dann immer stundenlang durchs Haus, um alles für den Besuch vorzubereiten, schrubbte die Badezimmer und entfernte jeden Schmutzfleck vom Parkett. Und wenn sie fertig war, betrat sie ihre Speisekammer, um sich dort zu sammeln und den Duft von Olivenöl, Zatar, Piment und Koriander einzuatmen, der sie in die Küche ihrer Großmutter in Palästina zurückversetzte.
Sie stellte den Reistopf auf den Gasherd und schaltete ihn ein. Als sie aufblickte, stand Fadi in der Tür, seine große Gestalt füllte den Rahmen aus. „Diesmal hast du dich selbst übertroffen“, sagte er. „Es riecht köstlich.“
Yara wischte sich mit dem Schürzensaum über die Stirn. Im Flur hörte sie, wie ihre Töchter den Großvater nach oben führten, damit er mit ihnen spielte. „Danke“, sagte sie, ohne Fadis Blick zu erwidern.
Kaum griff sie nach der großen Flasche Olivenöl in der Speisekammer, spürte sie, dass noch jemand in der Küche war. Als sie sich umdrehte, stand ihre Schwiegermutter neben Fadi.
„Marhaba“, sagte Nadia zur Begrüßung.
„Ahlan khalto.“ Yara zwang sich zu einem Lächeln. Sie griff nach ihrem Schürzenzipfel und atmete langsam aus.
„Überschlag dich bloß nicht vor Begeisterung“, sagte Nadia auf Arabisch, während sie ihren Hidschab abnahm, ordentlich zusammenfaltete und auf den Küchentresen legte. Ihr kurzes Haar war mit Henna gefärbt, ein kräftiges Weinrot, doch an den Schläfen zeigten sich graue Strähnen.
Fadi errötete und hustete verlegen. „Ich sehe mal nach den Mädchen.“
Yaras Herz begann zu hämmern, als er aus der Küche verschwand. Sie öffnete die Flasche Olivenöl und goss einen Spritzer auf den Reis.
Shu? Kochst du etwa noch?“, fragte Nadia und näherte sich dem Herd. Sie war eine korpulente, pausbäckige Frau mit kleinen Augen, die einen erwartungsvoll anstarrten.
„Ich bin fast fertig“, erwiderte Yara. Ihre Händen zitterten, als sie einen Glasdeckel auf den Reistopf setzte, damit kein Dampf entweichen konnte.
„Was haben wir denn hier?“ Nadia ging zum gedeckten Esstisch hinüber und inspizierte die palästinensischen Vorspeisen, die Yara auf der Sufra ausgebreitet hatte: Oliven und Olivenöl, Hummus, Pita, Tomatenscheiben, Gewürzgurken, Zitronen, dazu gehackte Minze und Petersilie von ihren Topfpflanzen auf der Fensterbank.
„Kein Salat?“, fragte Nadia.
„Im Kühlschrank ist Taboulé.“
Nadia nickte vor sich hin und zögerte eine Sekunde, bevor sie zum Herd zurückspazierte und die Alufolien von den abgedeckten Gerichten nahm, so dass der Dampf aus der Shakshuka und den frittierten Kibbeh entwich. Yara wurden die Ohren heiß, doch sie behielt das Wasser auf dem Herd im Auge, das kurz vorm Siedepunkt stand. Sie fügte einen Teelöffel Salz hinzu und setzte den Deckel zurück auf den Topf.
„Was gibt es denn sonst noch?“, fragte Nadia und warf einen Blick in den Backofen.
„Kufta Kebab mit Tzatziki und gelbem Reis.“
„Was ist mit deinem Schwiegervater? Du weißt doch, dass er wegen seines Blutzuckerspiegels keinen Reis mehr essen darf.“
Yara schluckte und bemühte sich, ruhig zu bleiben, was ihr in letzter Zeit immer seltener gelang, besonders wenn ihre Schwiegermutter anwesend war. „Natürlich“, sagte sie und deutete mit dem Kopf auf den Schongarer. „Ich habe Bulgur für ihn gemacht.“
„Gut, gut“, sagte Nadia und fuhr sich mit der Hand durchs Haar, während sie ihre Runde durch die Küche drehte. Sie ließ den Blick über das helle Eichenparkett und die weißen Granit-Arbeitsflächen schweifen, die trotz des Drei-Gänge-Menüs, das Yara gerade zubereitete, makellos sauber waren. Sie wirkte enttäuscht, als sie sich dem Essbereich zuwandte. Ihr Blick wanderte zu einem Spinnennetz am Kronleuchter, und sie zeigte darauf.
Yara seufzte. „Entschuldige, ich vergesse immer, das Ding abzustauben.“
„Das sieht man“, sagte Nadia.
Kaum war ihre Schwiegermutter da, wies sie Yara mal wieder auf alles hin, was sie falsch machte.
„Du kennst ja das alte Sprichwort“, sagte Nadia, fuhr mit dem Zeigefinger über die Fensterbank und nahm ihn unter die Lupe. „Ordnung ist das halbe Leben.“
Als Yara beobachtete, wie Nadia die Küche kontrollierte und alle Schränke auf- und wieder zuklappte, während draußen die Sonne hinter den Bäumen verschwand, wünschte sie sich nichts sehnlicher, als allein zu sein und sich dem verurteilenden Blick ihrer Schwiegermutter zu entziehen. Neuerdings hackte Nadia ständig auf ihr herum. Vielleicht war Yara zu rebellisch, stellte zu viel infrage. Vielleicht ärgerte Nadia sich darüber, dass sie Yara nicht kontrollieren konnte oder dass Yara sich nach all den Jahren noch immer weigerte, die Art von Schwiegertochter zu sein, die Nadia haben wollte.
In den Anfangsjahren ihrer Ehe hatte sie Nadia im Haushalt geholfen, so wie zuvor ihrer eigenen Mutter: Sie hatte den Abwasch erledigt, die Hände bis zu den Ellbogen im Spülwasser, war unter Sofas und Tische gekrochen, um die Essensreste von Fadis jüngeren Brüdern aufzusammeln, hatte die gesamte Wäsche gebügelt und gefaltet, das Bad geschrubbt und Schamhaare vom Toilettenrand gewischt. Von den Putzmitteldämpfen war ihr jedes Mal ganz schwindlig geworden. Yara hatte gehofft, dass ihre Hilfsbereitschaft Nadia und sie einander näher bringen würde, doch aus Sicht ihrer Schwiegermutter tat sie nur, was ohnehin von ihr erwartet wurde.
Eigentlich hatten die Spannungen zwischen ihnen schon neun Jahre zuvor begonnen, am Abend von Yaras Hochzeit, als Nadia sie bat, künftig einen Hidschab zu tragen. Yara war damals neunzehn gewesen, in ihrem ersten Studienjahr, und erst wenige Tage vor der Hochzeit in Fadis Heimatstadt gezogen, wo sie seither lebte. „Nein, das ist nichts für mich“, hatte sie spontan erwidert. Sie standen im Badezimmer, Yara zog ihren Lidstrich nach, den sie schon zweimal verschmiert hatte, weil sie in Tränen ausgebrochen war. „Nichts gegen den Hidschab, wenn eine Frau sich frei dafür entscheidet“, hatte sie gesagt. „Der Koran überlässt die Entscheidung ganz klar mir. Aber ich bin nicht religiös.“
Und dann hatte sie plötzlich die Last von Nadias Blick gespürt, er war so missbilligend, dass er sie dazu brachte, sich von ihrem Spiegelbild abzuwenden. Sie musste schlucken, ein leiser Schmerz pochte in ihr, wie ein Vogel, der vergeblich versuchte, mit den Flügeln zu flattern. Nadia hatte langsam den Kopf geschüttelt und sie abschätzig gemustert – das war die Last, die plötzlich auf Yara lag: von Nadia verurteilt zu werden. „Es geht nicht nur um Religion“, hatte Nadia erwidert und verächtlich den Mund verzogen. „Der Hidschab wird aus Sittsamkeit getragen, um hakyelnas zu verhindern. Wir wollen nicht, dass die Leute tratschen.“
Die Leute, hatte Yara gedacht und geschluckt. Natürlich.
Sie war damals unsicher gewesen, ob sie zu Fadi in die Südstaaten ziehen sollte – diesen Teil von Amerika kannte sie nur durch einige ihrer Lieblingsautorinnen, Flannery O’Connor, Alice Walker und Toni Morrison. Durch ihre Bücher hatte Yara den Eindruck gewonnen, dass die Kultur der Südstaaten viele Parallelen zu Yaras eigener Kultur aufwies: eine Welt voll lärmender, eng verbundener Großfamilien, in der Frauen jung heirateten, zahlreiche Kinder bekamen und sich an konservative Werte wie Religion und Traditionen hielten, und Rezepte befolgten, die schon seit vielen Generationen weitergegeben wurden. Sogar die Obsession, bei jedem sich bietenden Anlass Tee zu trinken, war eine Gemeinsamkeit, auch wenn man ihn in den Südstaaten eiskalt bevorzugte und in arabischen Ländern lieber heiß servierte. Yara hatte diese Parallelen tröstlich gefunden, doch sie hatten ihr auch Angst gemacht. Welches Leben würde sie dort führen? Würde sie überhaupt in dieses Umfeld hineinpassen? Oder würde sie sich fühlen wie all die Jahre in Brooklyn: abgeschnitten, rebellisch, einsam?
Hätte sie ihr Zögern damals doch nur ihrer Familie anvertrauen können. Aber es fiel ihr schwer, ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen, sogar sich selbst gegenüber. Worte verwässerten Dinge nur, machten sie kleiner. Als sie aufwuchs, hatte sie nicht erklären können, wie es sich anfühlte, jeden Abend aus dem Fenster zu schauen und darauf zu warten, dass Baba nach Hause kam. Und sie hatte auch nicht die Angst beschreiben können, die sie jedes Mal packte, wenn sein Geschrei durch die Wände drang und sie sich das Kissen über den Kopf zog, um den Lärm zu ersticken, nur um dann zu erkennen, dass der Tumult aus ihrem Inneren kam.
Irgendwann fand sie heraus, dass Malen ihr half, die Angst in ihrem Inneren zu lindern. Die ständige Gewissheit, dass etwas nicht stimmte, klaffte wie ein finsterer Abgrund in ihrer Brust. Wenn sie allein in dem überfüllten Zimmer war, das sie sich mit ihren Brüdern teilte, malte sie, was sie durchs Fenster sah: eine Reihe roter Backsteinhäuser, den orange- und rosafarbenen Schimmer des Sonnenuntergangs, gelben Löwenzahn, der im goldenen Sonnenschein tanzte, dunkle Gewitterwolken am Abendhimmel – eine Sammlung kleiner Bilder, die sie wie im Rausch erschuf, in einem sonderbaren Zustand emotionaler Wissbegierde, als hätte sich ein Teil ihres Herzens der Welt geöffnet. Damals hatte sie jedes Mal gehofft, dass die Freude, die sie dabei empfand, eine heilende Kraft entfalten und die Dunkelheit in ihrem Inneren verscheuchen, den Krieg in ihrem Kopf beenden würde. Doch inzwischen hatte sie das Gefühl, Lichtjahre von der Person entfernt zu sein, die sie eigentlich sein wollte.
Als Nadia nun auf den Kühlschrank zusteuerte, kam Yara ihr zuvor und öffnete ihn selbst, um sich zu vergewissern, dass die gläsernen Einlegeböden sauber waren. Den Rücken zu ihrer Schwiegermutter gewandt, sagte sie: „Es war viel los in letzter Zeit, da komme ich nicht immer hinterher.“
„Das sehe ich“, erwiderte Nadia.
Trotz der kalten Luft, die aus dem Kühlschrank strömte, stieg Yara Hitze ins Gesicht. Am liebsten hätte sie Nadia gestanden, dass sie wirklich ihr Bestes gab, jedoch in letzter Zeit eine überwältigende Dunkelheit spürte, die ihr nicht mehr von der Seite wich, wie ein Schatten.
„Ich weiß, dass du dich schon eine Weile schwertust“, fuhr Nadia fort, als könnte sie Yaras Gedanken lesen. „Aber es wird Zeit, dass du dich zusammenreißt, Liebes. Deiner Familie zuliebe.“
Yara schloss die Kühlschranktür, ging zum Herd zurück und stellte die Flamme unter dem Reistopf kleiner. Sie lehnte sich mit der Hüfte an den Küchentresen und schaute zu, wie ihre Schwiegermutter den Kühlschrank wieder öffnete und einen Behälter nach dem anderen herausnahm, um murmelnd die Verfallsdaten zu prüfen, bis sie endlich einen fand, den sie wegwerfen konnte.
„Komm doch diesen Freitag mit zur Moschee“, sagte Nadia, nachdem sie das leuchtend grüne Taboulé herausgeholt und mit den Fingern davon probiert hatte. „Ein bisschen Gesellschaft wird dich vielleicht aufmuntern.“
Yara runzelte die Stirn und öffnete einen Schrank, um so zu tun, als suchte sie etwas darin.
„Du warst schon eine Weile nicht mehr dort“, fuhr Nadia fort, die Finger voller Olivenöl, Petersilie und Minze. „Und die Frauen fragen ständig nach dir. Es wäre gut, wenn du dich mal wieder blicken lässt.“
„Tut mir leid, ich kann nicht. Morgen beginnt das neue Semester, ich habe viel zu tun.“
„Verstehe. Aber zu Nisreens Babyshower dieses Wochenende kommst du doch, oder? Sie wäre wirklich enttäuscht, wenn du das verpasst.“
Yara schloss die Augen, das Gesicht hinter der Schranktür verborgen. Nadia wusste genau, dass sie kein geselliger Mensch war und lieber allein oder bei ihrer Familie blieb. Trotzdem beharrte sie darauf, Yara zu jeder arabischen Feier in der Stadt einzuladen. In ihrer Kleinstadt gab es sogar eine palästinensische Gemeinde, der etwa zwei Dutzend Familien angehörten. Doch Nadia kannte fast alle arabischen Familien, weil die Frauen oft zusammenkamen, um ihr eigenes kleines Dorf zu bilden. Früher war Yara immer mitgegangen, obwohl sie keine Lust hatte, zwang sich zu lächeln und hatte sich sogar manchmal am Tratsch beteiligt, um zu zeigen, dass sie keine Spielverderberin war. Aber inzwischen sah sie keinen Sinn mehr darin, und verstellen wollte sie sich auch nicht mehr.
„Sorry“, sagte Yara und schaltete den Herd aus. „Mir ist nicht danach, irgendwo hinzugehen.“
Nadia schwieg und griff wieder in die Schüssel mit dem grünen Taboulé.
„Du kannst nicht ständig allen ausweichen“, sagte sie schließlich und leckte sich die Finger ab. „Wann warst du das letzte Mal mit mir zusammen auf einer Hochzeit oder hast unsere Freundinnen zum Essen eingeladen?“
Yara zuckte mit den Schultern. Eigentlich waren es nur Nadias Freundinnen. Yaras Freundeskreis bestand nur aus Fadi, aber das machte ihr nichts aus.
„Es ist schlecht für deine Gesundheit, wenn du dich so isolierst“, fuhr Nadia fort. „Aber davon mal ganz abgesehen musst du auch darauf achten, deine gesellschaftliche Stellung zu wahren. Wir leben in einer Kleinstadt, die Leute fangen schon an zu reden.“
Die Leute. Natürlich.
„Worüber reden sie denn? Ich tue doch nichts Unrechtes.“
„Als ob das die Leute je abgehalten hätte“, sagte Nadia. „Sie haben eine wilde Fantasie. Wenn sie längere Zeit nichts von dir hören, malen sie sich alles Mögliche aus – dass du etwas im Schilde führst, dass du krank bist, oder schlimmer noch, dass du psychische Probleme hast und von einem bösen Geist besessen bist.“
Yara verdrehte die Augen. „Von einem Dschinn? Ernsthaft? Wie bei Aladin und die Wunderlampe?“
„Glaubst du, ich denke mir das nur aus?“, erwiderte Nadia. „Du bist nicht mehr du selbst, das ist doch offensichtlich, und wir wollen vermeiden, dass jemand die Gerüchteküche anheizt.“
Nadia schaute sie mit ihren stechenden braunen Augen an, die Miene so streng, dass Yara sich abwandte. Sie griff nach ihrem Schürzensaum, um sich noch einmal über die Stirn zu wischen.
„Ich mache mir Sorgen um dich, Liebes“, fuhr Nadia fort. „Deine Augen sind eingefallen, dein Kajal ist verschmiert. Du siehst aus, als wärst du um zehn Jahre gealtert.“ Sie musterte Yara von oben bis unten. „Und warum trägst du immer nur Schwarz und Leggings? Du musst dir mehr Mühe geben. Fadi zuliebe.“
Yara lehnte sich gegen den Küchentresen. Wie lange würde sie das noch erdulden müssen? Leider ließ sich die Sache nicht einfach auf ihr Äußeres beschränken. Oder auf ein körperliches Problem, das man reparieren konnte. Das wäre ihr natürlich lieber gewesen als ein seelisches Problem, was wohl eher zutraf. Aber das konnte sie ihrer Schwiegermutter unmöglich sagen.
Stattdessen knackte Yara mit den Fingern und betrachtete Nadia, ihre hängenden Schultern, den gebeugten Rücken. Sie sah aus, als hätte sie ihr eigenes Päckchen zu tragen.
Yara zwang sich, ihren Blick zu erwidern. „Ich fühle mich eben wohl in diesen Sachen.“ Sie zögerte kurz, bevor sie hinzufügte: „Wieso sagst du deinem Sohn nicht mal, dass er sich für mich schick machen soll?“
Nadia zog die Braue hoch. „Weil das so nicht läuft. Es ist deine Pflicht, deinem Mann zu gefallen.“
„Ach ja?“ Yara fing an zu lachen, sie konnte gar nicht mehr aufhören. Von allen Schwiegermüttern, die sie hätte haben können, war sie an eine geraten, die ihr genau den Lebensweg aufzwingen wollte, vor dem sie geflohen war. Doch selbst, wenn sie es vorher gewusst hätte, sie hätte Fadi trotzdem geheiratet. Damals war sie mit anderen Problemen beschäftigt gewesen.
„Du meine Güte“, sagte Nadia pikiert. „Seit Monaten habe ich dich nicht mehr richtig lachen sehen, und ausgerechnet das findest du jetzt lustig? Ist es zu viel verlangt, dass du dich ein wenig anstrengst, deinem Mann zuliebe? Ich habe lange genug versucht, den Mund zu halten, aber jetzt reicht es. Du kannst so nicht weitermachen.“
Yara hörte auf zu lachen und sah Nadia an. „Was soll das denn heißen?“
„Du kannst nicht die ganze Zeit wie ein Trauerkloß herumlaufen. Du musst dich zusammenreißen, Liebes. Deine Familie braucht dich!“
Yara trat vom Küchentresen weg, Adrenalin schoss ihr durch die Adern. „Du tust so, als würde ich den ganzen Tag im Bett liegen“, erwiderte sie, „dabei kümmere ich mich allein um die Mädchen, gehe jeden Tag zur Arbeit, erledige nebenbei den gesamten Haushalt und koche jeden Abend für Fadi! Hätte ich ein wenig mehr Unterstützung mit den Mädchen, könnte ich mich um mein Äußeres kümmern. Aber das ist momentan mein geringstes Problem.“
„Für eure Kinder bist aber nun einmal du verantwortlich“, entgegnete Nadia kopfschüttelnd. „Du kannst nicht erwarten, dass dir jemand ihre Erziehung abnimmt. Wenn du dich so überfordert fühlst, dann arbeite eben weniger.“
„Kommt überhaupt nicht infrage“, sagte Yara wie aus der Pistole geschossen. „Meine Arbeit ist das Einzige, was ich für mich selbst tue. Warum sollte ich das aufgeben?“
„Warum nicht?“, erwiderte Nadia. „Fadi verdient gutes Geld, Maschallah. Er braucht deine Unterstützung nicht.“
Yara musste an sich halten, um nicht loszuschreien. Ihre Schwiegermutter ließ kaum eine Gelegenheit aus, ihr unter die Nase zu reiben, dass Fadi der Brotverdiener war, als wäre Yara diese Rollenverteilung nicht schon aus ihrem Elternhaus gewohnt. Yaras Eltern hatten Palästina unmittelbar nach ihrer Hochzeit verlassen, um nach Amerika auszuwandern. Als sie damals in Brooklyn ankamen, besaßen sie nur ein paar hundert Dollar und sprachen kein Wort Englisch. Dass sie es geschafft hatten, in Amerika zu überleben, verdankten sie der arabischen Gemeinschaft in Bay Ridge und der Tatsache, dass Baba Tag und Nacht schuftete.
Nach Yaras und Fadis Hochzeit hatte Fadi noch einige Monate weiter in der Tankstelle seines Vaters gearbeitet. Er hatte dort an der Kasse gestanden, seit er siebzehn war. Jeden Abend, wenn Fadi in ihre winzige Wohnung zurückkam, jammerte er über Hasan und schwor, seine nächste Schicht werde die letzte sein. „Ich verstehe nicht, wie ein Vater seinen eigenen Sohn so behandeln kann“, sagte er. „Mein Vater schaut immer nur auf mich herab, nie ein Wort des Danks oder der Anerkennung.“
Erst als Yara mit Mira schwanger wurde, dachte Fadi ernsthaft darüber nach, sich beruflich zu verändern. Da er keinen Uni-Abschluss hatte, beschloss er, sich nicht woanders um eine Stelle zu bewerben, sondern lieber Geld zu sparen, um seine eigene Firma zu gründen. Yara studierte damals, sie hatte Anspruch auf finanzielle Förderung und bekam ein Vollstipendium. Die Studiengebühren wurden ihr bezahlt, Lehrbücher kaufte sie nur gebraucht, und jedes Semester erhielt sie mit der Post einen fetten Scheck, den sie auf Fadi übertrug – er wollte es so. Als sie endlich genug gespart hatten, kündigte Fadi bei seinem Vater und gründete zusammen mit seinem Highschool-Freund Ramy ein Großhandelsunternehmen. Sie kauften große Mengen von Waren des täglichen Bedarfs – Tabakzubehör, Energydrinks, Schmerzmittel, Sonnenbrillen, Handschuhe, Batterien und dergleichen – direkt bei den Herstellern und verkauften sie in kleineren Mengen weiter, an Geschäfte im gesamten Bundesstaat. Schon nach sechs Monaten war ihr Unternehmen in den schwarzen Zahlen, und nur zwei Jahre später warf es bereits recht hohe Gewinne ab. „Mein Vater hat mir ständig eingeredet, dass ich es ohne ihn nicht schaffe“, sagte Fadi. „Er hat mir immer nur Steine in den Weg gelegt. Seinem eigenen Sohn! Aber ich habe es geschafft. Ich habe bewiesen, dass er falschlag.“
Yara hatte sich für ihn gefreut, doch ein Teil von ihr wünschte sich, es ihm gleichzutun. Etwas aus sich zu machen, die Fesseln von Ehe und Mutterschaft zu durchbrechen, nicht darauf reduziert zu sein, die Erwartungen anderer Leute zu erfüllen. Etwas aus dem Nichts aufzubauen, voller Selbstvertrauen und Zuversicht, als wäre sie in einer Welt aufgewachsen, in der Frauen so etwas ebenfalls möglich war.
„Es geht nicht ums Geld“, sagte sie nun und legte die Hände um den Reistopf, bis sie sich beinahe verbrannte. „Ich will etwas aus meinem Leben machen.“
Nadia lachte. „Aber Liebes, das machst du doch längst. Du hast eine Familie und Kinder, für die du sorgen musst.“
„Das sollte aber nicht bedeuten, dass ich nichts anderes machen darf.“
„Aber du wirst deiner Verantwortung doch jetzt schon kaum gerecht.“ Nadias Blick wanderte wieder zu den Spinnweben am Kronleuchter. „Du solltest dir eine Auszeit von der Arbeit nehmen und dich auf deine Familie, dein Zuhause konzentrieren.“ Sie hielt inne, bevor sie ein wenig sanfter hinzufügte: „Es wird dir sicher guttun, wenn du zu Hause bist, in deinen eigenen vier Wänden, du wirst sehen.“
Yara schwieg. Wenn sie ihre Arbeit aufgab, würde ihr das mitnichten guttun. Aber dafür fehlte Nadia angesichts ihrer eigenen Lebensgeschichte das Verständnis. Ähnlich wie Yaras Eltern war Nadia in einem Flüchtlingslager zur Welt gekommen und aufgewachsen, nachdem ihre Familie 1948 während der israelischen Besetzung Palästinas aus ihrem Haus am Meer in Jaffa vertrieben worden war. Selbstverständlich empfand Yara tiefes Mitgefühl für den Verlust ihrer Schwiegermutter, und ihr war auch bewusst, dass Nadia für ihre Weltanschauung nichts konnte, denn sie wurzelte ja in der Welt, aus der sie stammte. Natürlich war Nadia davon überzeugt, dass der Platz einer Frau zu Hause war. Natürlich war es ihr wichtig, die Familie zu bewahren, die familiäre Einheit eng verbunden und intakt zu halten, mit einem arbeitenden Vater, der Überstunden machte, um alle zu ernähren, und einer Mutter, die sich um den Haushalt und die Kindererziehung kümmerte. Ihrer Schwiegermutter war das Privileg, ein Zuhause zu haben, lange verwehrt geblieben, und von daher war es nachvollziehbar, dass sie nun, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, alles dafür tat, ihr Zuhause zu bewahren.
Yara starrte auf den Safranreis, der nun fast ausreichend lang geruht hatte.
Diese Gedanken waren immer da, wie ein Flüstern im Ohr, um sie daran zu erinnern, wie gut sie es hatte und dass alles, was ihr unfair erschien, rein gar nichts war im Vergleich zu den Problemen, mit denen ihre Eltern und Großeltern zu kämpfen hatten. Dennoch kam es immer öfter vor, dass Yaras Verständnis für die schwierige Vergangenheit ihrer Familie sie nicht mehr wie früher dazu brachte, nur zuzuhören, sich zu fügen und zu gehorchen. Und als sie nun in ihrer Küche stand, überkam sie das Gefühl, schon ihr ganzes Leben lang eine Last zu tragen, die sie nicht ablegen konnte. Sie zwang sich, auf den Topf zu schauen und Nadias Blick nicht zu erwidern, denn hätte sie das getan, wäre sie auf die Knie gefallen und hätte losgebrüllt wie ein sterbendes Tier. Warum fiel es Nadia so schwer zu begreifen, dass Yara nicht dazu verpflichtet war, nur für ihre Kinder und ihren Mann zu leben, bloß weil die Frauen in Nadias Familie es so gemacht hatten?
Yara spürte eine altvertraute Traurigkeit in sich aufsteigen. Vielleicht lag es an den Opfern, die unzählige Generationen von Frauen gebracht hatten, dass das Ganze sie so mitnahm. Sie hatte ja gesehen, was diese Art zu leben bei ihrer eigenen Mutter angerichtet hatte, hatte miterlebt, wie sie ihr jegliche Lebensfreude genommen hatte, bis nur noch Verbitterung übriggeblieben war, gepaart mit unerfüllter Sehnsucht, Resignation und Angst. Genau deshalb wollte Yara ein Leben, das vollkommen anders war als das Leben ihrer Mutter.
„Du schweigst“, sagte Nadia. „Dann siehst du also ein, dass ich recht habe.“
Yara schüttelte den Kopf. Ihr Wangen glühten. „Nein“, stieß sie hervor.
„Warum nicht? Was könnte denn wichtiger sein als deine Familie?“
Yara spähte durch den Glasdeckel in den Topf und holte die Reisgabel aus der Schublade. Sie hätte Nadia erklären können, welche Folgen es hatte, dass ihre Familien nach Amerika gegangen waren, in ein Land, in dem Frauen beides haben konnten, Kinder und Karriere. Sie hätte Nadia sagen können, dass sie doch ihren Sohn auffordern solle, weniger zu arbeiten, damit seine Frau beruflich vorankam. Oder sie hätte Nadia sagen können, was ihr schon lange auf der Zunge lag: dass Nadias Versuche, sie zu drängen, daheim bei den Kindern zu bleiben, sie erst recht darin bestärkten, weiter arbeiten zu gehen.
Doch da sie schon seit neun Jahren Nadias Schwiegertochter war, wusste sie, dass sie auf taube Ohren stoßen würde.
„Es wäre keine Schande, zuzugeben, dass dir alles zu viel wird“, sagte Nadia und kam näher. „Aber wenn du weiter so tust, als wäre alles in Ordnung, schadest du nur deinen Töchtern.“
Bei dem Wort „Töchter“ stieg Angst in Yara hoch. Sie hielt die Gabel fest umklammert, um das Zittern ihrer Hand zu verbergen.
„Denk an deine Mädchen“, sagte Nadia. „Dir muss doch klar sein, dass dein Verhalten sich auf sie auswirkt.“
Yara schluckte. Sie hätte ihren Töchtern niemals wehtun können. Begriff Nadia denn nicht? Yaras Gedanken kreisten ständig um die Mädchen, um ihre eigene Vergangenheit und um die unerträgliche Sehnsucht, das alles hinter sich zu lassen. Das war inzwischen das Einzige, woran sie denken konnte.
Als sie den Glasdeckel vom Reis nahm, schlug ihr ein Dampfschwall entgegen. Sie fasste sich an die Wange, stand regungslos da, während die Hitze durch ihre Haut sickerte, und fragte sich, warum ihr Leben trotz aller Mühen und Opfer, die sie gebracht hatte, diesen Verlauf genommen hatte und warum sie nun von einem Gefühl des Verlusts überwältigt wurde.

Der Rest des Abends verlief so wie immer, wenn ihre Schwiegereltern zu Besuch waren. Die Erwachsenen speisten am Esstisch, während Mira und Jude vorm Fernseher Hühnchen und Safranreis mit den Fingern aßen und dabei Encanto schauten. Yaras Schwiegervater erzählte von einem Streit mit seinem Nachbarn. „Der hat mich angesehen, als wäre ich ein Penner!“ Hasan war ein lauter, fuchtelnder Mensch, er sprach mit den Händen, als dirigierte er ein Orchester. „Da hab ich dem gesagt: ‚Wenn du mich weiter so anstarrst, kriegst du was aufs Auge!‘“
Nadia verzog das Gesicht. „Gibt es eigentlich jemanden in der Stadt, mit dem du kein Problem hast?“
Am anderen Ende des Tischs schaufelte Fadi das Essen in sich hinein, als wollte er vermeiden, sich am Gespräch beteiligen zu müssen. Den Mund voller Taboulé wandte er sich zu Yara. „Schmeckt alles köstlich, Schatz“, sagte er.
Yara nickte, ohne seinen Blick zu erwidern. Sie dachte, was sie immer dachte, wenn Nadia und Hasan anwesend waren: Ihre Schwiegereltern würden sie immer auf Linie halten und an ihren Platz erinnern, falls sie vergaß, wo sie herkam. Als wäre das überhaupt möglich.
„Um Himmels willen“, sagte Nadia, als Yara Judes Teller auffüllen wollte und ihn dabei aus Versehen umstieß, und die Reiskörner wie kleine Insekten über den Esstisch sprangen. Beim Versuch, das Chaos zu beseitigen, warf Yara dann auch noch ihr Glas um, das Wasser ergoss sich über den Tisch und auf den Boden.
„Genau das meine ich, Yara“, sagte Nadia, als sie aufstand, um einen Lappen zu holen. „Ein weiteres Beispiel dafür, dass es dir nicht so gut geht, wie du uns weismachen willst.“
Yara sank auf ihren Stuhl und schaute zu, wie ihre Schwiegermutter den Tisch saubermachte.
„Das Maß ist voll“, fuhr Nadia fort, als sie fertig gewischt hatte, und nahm wieder Platz. „Du bist eindeutig neben der Spur, und es wird Zeit, dass du etwas dagegen unternimmst.“ Sie drehte sich zu Fadi, der aussah, als wollte er am liebsten die Flucht ergreifen. „Warum erzählst du es ihr nicht, Fadi?“, fragte Nadia und wischte sich den Schweiß von der Oberlippe. „Nun sag doch was!“
Fadi wurde knallrot.
„Was soll er mir denn erzählen?“, fragte Yara und spürte Wut in sich aufsteigen.
Fadi schluckte und wich ihrem Blick aus. „Nichts, nichts.“ Er wandte sich Nadia zu. „Halt mich da raus, Yumma“, sagte er scharf. „Ich habe schon genug Probleme.“
„Ach ja?“, meinte Hasan, legte seinen Kufta-Spieß ab und schaute seinen Sohn an. „Du warst schon seit Wochen nicht mehr bei mir im Laden, obwohl du dort noch etwas für mich zu erledigen hast.“
Fadi entgegnete etwas, doch Yara hörte nicht zu. Sie sah zu Mira und Jude hinüber aus Angst, dass sie den Streit mitbekamen, aber zu ihrer Erleichterung schienen sie in den Film versunken.
Sie fasste sich an die Wange und sank noch tiefer in den Stuhl. Dann wandte sie sich ab und schaute aus dem Fenster. Draußen drang das sanfte Licht des Sonnenuntergangs durch das Laub der Scharlach-Eichen und Sumpf-Kiefern. Yara holte tief Luft und wischte sich die Hände an der Schürze ab. Sie spürte eine enorme Spannung in ihrem Innern, als würde sie von allen Seiten zu Boden gedrückt.
Den Rest des Abendessens blieb sie stumm und hörte nur noch die kleine Stimme, die sie flüsternd an alles erinnerte, was sie hätte tun können oder sollen, an alles, was sie falsch machte. Und während sie auf ihren Teller starrte, fragte sie sich, wie es wäre, gar nichts zu fühlen, die Augen zu schließen und nur Stille in ihrem Kopf zu hören.